Beschreibung
Die EU Taxonomie Verordnung und die nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie stellen zusätzliche Anforderungen an Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft von Gebäuden. Gebäudezertifizierungen (Klimaktiv, ÖGNI / DGNB, LEVEL(s), etc.), die neue Bauprodukteverordnung und die Digitalen Produktpässe der Ökodesing-Verordnung fordern die Entstehung von Datengrundlagen für die Bewertung und den Nachweis von Materialzusammensetzungen (Recyclinganteile) sowie von ökologischen Eigenschaften (EPD).
Für Nachweisführungen und Zertifizierungen werden digitale Bauwerksmodelle (as–planned bzw. später auch as-built) mit qualitativen und quantitativen Informationen über Materialien und Elemente verknüpft (generische Daten oder bei Verfügbarkeit Produktdaten, ggf. aus Produktdatenbanken wie beispielsweise „baubook“ oder „Ökobaudat“). Diese Informationen werden genutzt, um in der Planung die Ressourcennutzung zu optimieren und Bauteile sowie Materialien im Sinne der Nachhaltigkeit auszuwählen. Andererseits werdend die im as-planned/as-built Modell aktualisierten Material-Informationen genutzt, um die Bewertung und Nachweisführung gemäß der Gebäudezertifizierung /EU Taxonomie, etc. durchzuführen.
Die konkreten Anforderungen müssen im Auftragsfall spezifiziert werden. Insbesondere soll in den Ausschreibungsunterlagen die Anzahl der zu prüfenden Varianten zur Optimierung der Nachhaltigkeit präzisiert werden. Im Zuge der Betriebsphase sind die Informationen aktuell zu halten (Nachziehen der Veränderungen durch Instandhaltung und Umbau). Außerdem werden die Informationen genutzt, um rückbaubare und wiederverwendbare Materialien und Bauteile als Materiallager finanziell zu bewerten. Der Rückbau / Umbau wird durch die vorliegenden Material- und Verbindungsinformationen über entsprechende Rückbaukonzepte und eine Rückbauablaufplanung unterstützt.
Zweck und Nutzen
- Bewertung der Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit von Anlagen und Bauelementen
- Erfüllung der erforderlichen Nachweisführung gemäß EU Taxonomieverordnung wird durch die transparente Datenbereitstellung im Modell unterstützt.
- Masse und Volumen lassen sich aus dem IFC-Modell direkt ableiten.
- Ökobilanzierung, Wiederverwendungspotential oder Verwertungspotential sind aus den Modellen in Verbindung mit Datenbanken ableitbar.
- Informationen über Wiederverwendung von Bauteilen und Materialien liegen für künftige Sanierungen, für Umbauten und für den Rückbau am Ende des Lebenszyklus vor.
- Varianten für wirtschaftlich und ökologisch optimal rückbaufähige Konstruktionsweisen können identifiziert werden.
- Der finanzielle Wert der potenziell wiederverwendbaren Materialien und Bauteile ist bekannt.
- Die Menge an potenziell verfügbaren Materialien und Bauteilen für die Verwendung am Lebensende ist bekannt.
- Identifikation von Schadstoffen bei retrospektiver Identifikation / Erkenntnis über derartig eingesetzte Stoffe.
Voraussetzungen/Grundlagen
- Vorgaben / Entscheidung über die Kriterien, die für Nachhaltigkeit / Kreislauffähigkeit im Projekt zu berücksichtigen sind
- Definition der Datengrundlagen und Bilanzierungsmethoden, die für die Informationen (Nachhaltigkeit / Kreislauffähigkeit) über Materialien und Bauteile eingesetzt werden.
- Modellierung in Schichten (inkl. Bewertung der Verbindungsmethoden und entsprechenden Trennbarkeit) bzw. Anpassung der modellierten Elemente auf die Anforderungen der Beurteilungskriterien (z.B. Modellierung von Verbindungstechniken im Stahl-Holzbau).
- Eindeutige Referenzen auf eine Bauteilliste oder direkte Einbettung der Materialdaten in das BIM-Modell.
- Definition von Merkmalanforderungen z.B. Recyclinganteile und Wiederverwendung.
- Verfügbarkeit der Informationen über Materialien und Elemente für die verschiedenen Kriterien / Indikatoren.
- Berücksichtigung von qualitativen Kriterien über Nutzungsflexibilität und Nutzungsdauer kritischer Elemente bzw. Lebensdauerverlängerung durch Wartung, Demontierbarkeit, Trennbarkeit.
- Funktionierendes Prozessmanagement über den gesamten Lebenszyklus des Bauwerks
Umsetzungsschritte
Umsetzungsschritte in der Vorbereitungsphase
- Definition der projektspezifischen Kriterien für Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit
- Definition der für die Bewertung von Kreislauffähigkeit und Nachhaltigkeit genutzten Datengrundlagen.
- Definition von Rollen für Datenbeschaffung, Datenintegration und Qualitätssicherung im BIM Projekt.
- Definition der zur Anwendung kommenden Methoden und Tools für die Bewertung (wie z.B. Madaster, EPEA, Construcia, Concular, BIM-basierter materieller Gebäudepass der TU Wien, etc.)
Umsetzungsschritte in der Planungsphase
- Berücksichtigung der Mengen und der Materialinformationen aus den BIM-Fachmodellen. Erforderlichenfalls sind Informationen auf Informationskörper („Dummy-Objekte“),Informationspunkteoder dgl. zu befüllen oder mit Produktdatenbanken zu verknüpfen.
- Die detaillierte Art der Befüllung oder Verknüpfung ist im projektspezifischen AIA vorzugeben bzw. im Projekt abzustimmen.
- Nachweisführung mit den in der Projektinitiierungsphase vereinbarten Methoden und Tools
- Bewertung von Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit des Bauwerks in der Planungs- und Ausführungsphase (as-planned)
- Ggf. Optimierung der Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit des Bauwerks (z.B. anhand von Varianten).
Umsetzungsschritte vor Übergabe
- Nachziehen der Veränderungen im as-built-Modell und den damit verbundenen generischen Materialinformationen, Integration spezifischer Produktinformationen.
- Prüfung der Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit des Bauwerks anhand des as-built-Modells
Anmerkung:
In der Betriebsphase sind zur Umsetzung dieses Anwendungsfalls weitere Schritte nötig, zum Beispiel:
- Ergänzung der Informationen im Modell über den gesamten Gebäudelebenszyklus (z.B. bei Sanierungen und Umbauten).
- BIM-basierte Rückbauplanung am Ende des Lebenszyklus
Diese Schritte sind jedoch nicht Gegenstand der konkreten Beauftragung in der Planungsphase, sondern werden zum geeigneten Zeitpunkt gesondert beauftragt.
Weiters werden diese Punkte ggf. zu einem späteren Zeitpunkt als eigener Anwendungsfall formuliert)
Prüf- und Kontrollmethoden
Keine Ergänzungen
Ergebnisse
- Optimierte Planung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit
- Bewertung von Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit des Bauwerks, z.B.
- Digitaler Gebäudepass
- ÖGNB (ÖGNI/DGNB)
- Leed
- BREEAM
- Nachweis für den Erfüllungsgrad der EU-Taxanomie-Kriterien
- Nachvollziehbare Dokumentation der verbauten Mengen- und Materialinformationen im as-built-Modell
Veröffentlichung aus Andree, H., Eichler, C.C., Fleischmann, G., Gaudart, D., Hintenaus, D., Kammersberger, A., Kehr, A., Kovacs, P., Krenn, J., Krones, T., Malzer, W., Mayer, T., Neuburg. D., Niederkofler, T., Paßecker, F., Pölzl, S., Schneider, R., Schrenk, C.., Weber, B., Wölwitsch M.M.: ÖIAV-Schrift 02 der AGoeAG: „BIM-Anwendungsfälle Öffentlicher Auftraggeber“ Ausgabe 2025. ÖIAV. Wien, 2025
URL: https://www.oiav.at/2025/02/update-bim-anwendungsfaell-oeffentlicher-auftraggeber/
Stand: 13.02.2025